Dinslakener Geschichte 1963


Koreanische Gastarbeiter kommen nach Deutschland.
 

Bereits in den späten 1950er Jahren gab es einige Studenten, Krankenschwestern und Industriepraktikanten aus Südkorea in der Bundesrepublik Deutschland. Aber erst in den 1960er Jahren, als die Bundesrepublik Deutschland Krankenschwestern und Bergarbeiter aus Südkorea als Gastarbeiter anwarb, begann ein verstärkter Zuzug von Südkoreanern nach Deutschland.

Zunächst stand die Bundesregierung kritisch gegenüber der Idee, koreanische Bergarbeiter anzuwerben. Sie befürchteten die hohen Aufwandskosten und kulturelle Unterschiede. Doch die Bundesregierung beugte sich dem enormen Druck der Bergbauindustrie, die händeringend Arbeitskräfte benötigte.

Eine erste Gruppe von 263 Bergleuten kam am 16. Dezember 1963 im Rahmen des Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Südkorea, das weitgehend von der südkoreanischen Regierung finanziert wurde. Deutsche Unternehmen hatten keine Reisekosten zu tragen, sondern kamen nur für Lohn und Sprachunterricht auf.

Von 1963 bis zum Anwerbestopp 1977 kamen rund 8.000 koreanische Bergarbeiter nach Deutschland. Nicht verschwiegen werden darf, dass 120 koreanische Kumpel über die Jahre bei Grubenunglücken ums Leben kamen. Die Südkoreaner hatten ein hohes Bildungsniveau im Vergleich zu anderen Gastarbeitern in dieser Zeit. Über 60 % hatten Abitur oder einen tertiären Bildungsabschluss.

Ab dem Jahr 1966 folgten den Bergarbeitern rund 10.000 Krankenschwestern. Südkoreaner waren eine der wenigen nichteuropäischen Gruppen, die damals rekrutiert wurden. Die westdeutsche Migrationspolitik schloss in der Regel Arbeitnehmer afrikanischer und asiatischer Herkunft in den 1950er und 1970er Jahren aus.

So kamen auch einige koreanische Gastarbeiter nach Dinslaken. Sie wohnten privat oder in Heimen. Einige von ihnen wohnten im Johannahaus, Duisburger Str. 34, dem Pfarrheim der kath. Kirchengemeinde St. Vincentius. Sie hatten gute Kontakte zu den dort beheimateten Georgspfadfindern. Man spielte gemeinsam Tischtennis im Jugendheim, und die Gruppenleiter nahmen an der einen oder anderen koreanischen Feierlichkeit teil.

Dank des freundschaftlichen Verhältnisses war es möglich im Saale Hackfort (Altstadthalle) eine Benefizveranstaltung im Rahmen der Pfadfinder-Jahresaktion „Flinke Hände – Flinke Füße“ durchzuführen. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen standen Kampfsportvorführungen in Teakwondo der Männer und traditionelle koreanische Tänze der Frauen. Während die Männer in Dinslaken und Umgebung wohnten, mussten die Frauen (allesamt Krankenschwestern) aus Recklinghausen abgeholt und wieder zurückgebracht werden.

In Korea sind diese Gastarbeiter so etwas wie ein Nationalmythos, da sie mit dem Geld, das sie aus Deutschland nach Hause schickten, die Entwicklung Koreas ankurbelten. Diese Koreaner haben aber auch maßgeblich zum Deutschen Wirtschaftswunder beigetragen.

Nach den Aufenthalten in Deutschland wanderten einige dieser Südkoreaner in die Vereinigten Staaten ab, begünstigt durch einfachere Eingangsbedingungen aufgrund des Einwanderungs-und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1965. Obwohl die südkoreanischen Arbeiter für eine befristete Zeit kamen und die meisten ursprünglich geplant hatten, nach Hause zurückzukehren, entschied sich am Ende die Hälfte der Angeworbenen für den Verbleib in Deutschland.

Koreaner planen Gedenkstätte für ihre Gastarbeiter

Die Lohn- und Lichthalle der ehemaligen Zeche Lohberg könnte künftig viele Gäste aus Fernost anlocken, denn die Koreaner planen auf dem ehemaligen Zechengelände eine Gedenk- und Begegnungsstätte zu errichten, die dem Andenken koreanischer Gastarbeiter gewidmet sein soll. Dass es diese Pläne gibt und dass sogar schon eine Absichtserklärung von koreanischer Seite, Stadt Dinslaken und der RAG Montan Immobilien als Grundstückseigentümerin zur Schaffung dieser Gedenkstätte unterschrieben ist, bestätigte im Juli 2015 auf Anfrage der Rheinischen Post, Rathaussprecher Thomas Pieperhoff.

Als der 50. Jahrestag des Abkommens gefeiert werden sollte, hatte Padok, so heißt der koreanische Arbeiterverein, zunächst Duisburg als Veranstaltungsort im Blick. Doch die Pläne in der Nachbarstadt scheiterten. So stießen die Koreaner auf das Lohberger Ledigenheim, wo die Veranstaltung schließlich auch stattfand. Bei dieser einen Gedenkzeremonie sollte es allerdings nicht bleiben, der koreanische Verein - unterstützt vom Zentrum für koreanische Kultur in Seoul - hat größere Pläne, will eine dauerhafte Gedenk- und Begegnungsstätte in Deutschland schaffen.

Auch hier führte Padok erste Gespräch in Duisburg und wieder scheiterte dort das Vorhaben. Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger brachte daraufhin das alte Lohberger Zechengelände ins Gespräch und stieß bei den Koreanern auf offenen Ohren. Seitdem laufen die Gespräche. Ob und wann sie zum Abschluss kommen, ist derzeit noch offen.

Vertraglich ist das Ganze eine Sache zwischen den Koreanern, die sich die ehemalige Lohn- und Lichthalle des Bergwerks als künftiges Zentrum vorstellen könnten, und der RAG Immobilien, wie Pieperhoff erklärte. Aber die Stadt unterstützt das Vorhaben nach Kräften. Die Wirtschaftsförderung im Rathaus ist am Ball. Denn das Projekt wäre für Dinslaken auch aus touristischer Sicht von großem Interesse.

Vgl. Jörg Werner, RP 15.07.2015