Dinslakener Geschichte


Krankenpflege in Dinslaken
 

Krankenhäuser, wie sie für uns heute selbstverständlich sind, waren damals die Ausnahme. Bis ins 19 Jh. hinein wurden die Kranken in aller Regel zu Hause gepflegt. Selbst die Schwerkranken blieben in der Familie. Operationen wurden in der Wohnung vorgenommen. Die Mütter brachten ihre Kinder daheim zur Welt. Und das Geburtshaus war oft auch das Haus in dem man starb.

 

Kräuter, Kruzifixe, Quacksalber: Medizin im Mittelalter

 

Heilkunst im Mittelalter

Ärzte, Barbiere, Bader und Hebammen

Die Johanniter, ein Krankenpflegeorden, in Dinslaken

Das Gasthaus (Hospital) am Kloster Marienkamp

Die Antoniusgilde

Das Melatenhaus

Das Seuchen-Lazarett

Die ersten Clemensschwestern

Das Krankenhaus im Beudelshof

Die ersten Diakonissen

Der Stadtrat entscheidet sich gegen ein städt. Hospital

Der Neubau des St. Vinzenz-Hospitals

Das evangelische Krankenhaus

Ärzte, Barbiere, Bader und Hebammen

Nur der Adel und die finanzkräftigeren Bürger konnten sich die Dienste eines Medicus, eines studierten Arztes leisten. Allerdings darf man deren Wissen und Können und die technischen Möglichkeiten keinesfalls mit unserer modernen Medizin vergleichen. Dem mittelalterlichen Arzt war der Kontakt mit Blut verboten. Papst Bonifatius VIII hatte das sezieren von Leichen verboten und so mussten die Ärzte auf das Sezieren von Schweinen ausweichen, um sich zumindest Grundkenntnisse der Anatomie aneignen zu können. Wer gegen das Sezierverbot verstieß, wurde mit dem Kirchenbann belegt und musste für Ewig in der Hölle schmoren. War der Medicus zu der Erkenntnis gekommen, sein Patient müsste operiert werden, so holte er sich einen Bader hinzu, der von dem Kontaktverbot zum Blut nicht betroffen war.

Das gemeine Volk mussten sich in seiner Armut mit den Diensten der Bader, Barbiere und Hebammen begnügen. Sie waren Jahrhunderte lang Teil des Gesundheitswesen.

Der Barbier, also der Bartschneider,  war oftmals zugleich auch Bader oder arbeitetet mit einem Bader eng zusammen. Der Bader betrieb eine Badestube. Sie waren die „Ärzte der kleinen Leute“, die sich keinen Rat bei den meist klerikalen, studierten Ärzten leisten konnten. Sie übten einen hoch geachteten, obgleich nicht wissenschaftlichen Heilberuf aus. Er umfasste das Badewesen, Körperpflege und Kosmetik, Teilgebiete der Chirurgie, der Zahn- und Augenheilkunde. So gehörte das Ziehen von Zähnen zu ihren Aufgaben. Die Hauptaufgabe der Bader bestand in dem als Allheilmittel gepriesenen Aderlass und im Schröpfen. Hintergrund dieser Therapie ist die antike Lehre der Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle). Krankheit war ein äußeres Zeichen der in Unordnung geratenen Körpersäfte und nur durch Blutentzug und Wiederherstellung des Säftegleichgewichts zu heilen. Ferner verabreichten sie Klistiere. Neben dem Bader, auch Stübner genannt, arbeitete oft ein Scherer oder Barbier im Badehaus, der für das Haareschneiden und Bartscheren zuständig war.

 

Erst mit den neuen Gesellen-Prüfungsordnung Anfang des 20. Jahrhunderts fand die Trennung zwischen Haar- und Heilkunst statt. Seitdem wurde das Anfertigen von Pflastern und Salben nicht mehr geprüft. Zähneziehen durften sie aber noch bis zur Verabschiedung des Zahnheilkundegesetzes im Jahre 1952.

Im Laufe der Geschichte bildeten sich also aus dem Berufsfeld der Barbiere unsere heutigen Firsöre (Friseure, Coifeure) und Zahnärzte (Dentisten) heraus.

Aus den Berufen Bader und Barbier entwickelte sich aber auch der Berufsstand der Handwerkschirurgen, später Wundarzt genannt.

Das preußische Sanitätswesen entwickelte sich aus dem deutschen ‚Scherer- und Badertum’.

Wenn die Herren der Schöpfung mit ihrem Wissen am Ende waren, dann wurde mitunter eine Hebamme um Unterstützung gebeten. Denn die kannte sich nicht nur mit dem Kinderholen aus, sondern war zugleich auch Kräuterkundlerin. Das Wissen von der heilenden Wirkung vieler Kräuter war durchaus hoch geachtet. Später entwickelte sich hieraus allerdings die Hexenverfolgung. Neidisch über die erfolgreiche Heilkunst wurde den Frauen unterstellt, dass ihnen das nur möglich sei, weil sie mit dem Teufel im Bunde stünden.  

 

Die Johanniter, ein Krankenpflegeorden, in Dinslaken

1289 schenkte die Gräfin Mechthildis von Holten dem Johanniter-Orden die Kirche von "Walsem" (Walsum). Sie sollten dort ein Kloster gründen, um junge Leute auf ihren freigewählten Beruf als Krankenpfleger oder Gotteskämpfer vorzubereiten. 1292 bauten die Johanniter in Walsum ein Ordenshaus.

1349 gründeten die Johanniter auch in Dinslaken eine Kommende (Niederlassung). Geeigneter Platz war die Hofstätte der sogenannten „Hortkarte“ - „achter der Burg, längs des Stadtgrabens und der Stadtweiden“ (heute: auf der Fläche zwischen Wall- und Klosterstraße).



Die Gottesdienste der Dinslakener Johanniter waren stärker besucht als die der Walsumer. Hintergrund für den guten Kirchenbesuch war sicherlich die Tatsache, dass sich die Johanniter ausschließlich der Krankenpflege widmeten und wahrscheinlich auch Räumlichkeiten zur Krankenpflege unterhielten.

Anfang des 15. Jh. haben die Johanniter ihre Niederlassung in Dinslaken wieder aufgegeben. Ob dies wegen mangelnden Nachwuchses oder fehlender finanzieller Mittel oder aus ganz anderen Gründen geschah ist nicht mehr feststellbar.

Das Gasthaus (Hospital) am Kloster Marienkamp

Der aus Dinslaken stammende Lütticher Domherr (heute der Titel eines Domkapitulars) und Priester Arnold Lichtpont (geb. um 1360) war mit vielen einträglichen Pfründen ausgestattet. Er erwarb das Grundstück „Hortkate“ und 1412 auch das benachbarte Gartengrundstück zum Bau eines Hospitals. Im Schöffenbrief mit dem Kaufvertrag heißt es ausdrücklich „zu Gunsten der Armen“.

Gemeinsam mit den ebenfalls aus Dinslaken stammenden Priestern Bernhard den Hont, Kanonikus zu den 12 Aposteln in Köln, und Arndt (Arnold) van Loesen, Verwalter der Dinslakener Kapelle bis 1434, stiftete Arnold Lichtpont das erste Hospital für sieben arme Leute in Dinslaken. In der Stiftungsurkunde heißt es: „zum Andenken an die sieben leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit, welche den armen Greisen ihrer Vaterstadt hier für ewige Zeiten zuteil werden sollen.“ Das Gasthaus (Übersetzung des aus dem lateinischen abgeleiteten Wortes „Hospital“) wurde in der Folgezeit mit vielen Stiftungen bedacht.

Die Verwirklichung des Vorhabens zog sich allerdings noch eine Weile hin, so dass Lichtpont die Fertigstellung des Hospitals nicht mehr erlebte.

Das Gasthaus war ein ausgesprochenes Armenhaus und Altersheim. Mittelalterliche Hospitäler waren zumeist mit einem Kloster oder Stift verbunden. So ist es verständlich, dass auch in Dinslaken die Errichtung eines Hospitals 1434 die Gründung eines Frauen-Klosters nach sich zog, dass Marienkamp genannt wurde.

Der erste Gasthausmeister und Rektor der ebenfalls neu errichteten Kapelle war Arndt van Loesen. 1435 stiftete er dem Konvent einen Garten in der Neustadt.

Kirche des Klosters Marienkamp, ab 1810 Synagoge

Die Kapelle vom Kloster Marienkamp
(ab 1810 Synagoge der jüdischen Gemeinde)

Zehn Schwestern des damaligen Klosters Marienkamp legten im Jahre 1458 die feierliche Profess auf die Augustinerregeln ab. Ein wichtiges Anliegen des Klosters war und blieb die Krankenpflege. Die Nonnen vom Orden des hl. Augustinus wirkten unermüdlich in der Krankenpflege, halfen den Armen und pflegten das tägliche Gebet in der kleinen Kirche.

1463 legte der Herzog von Kleve für eine ganze Reihe von Konventen (= Niederlassungen von Ordensgemeinschaften) die Höchstzahl der Mitglieder fest. Sie betrug für den Beguinenhof in Dinslaken = 60.

 

Vermutlich wegen finanzieller Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung des Gasthauses wurde die Verwaltung der Stiftung 1450 auf die Stadt Dinslaken übertragen. Die Stadt hatte nun das Recht, selbst den Leiter des Hauses zu benennen. Dem Rektor Arnold von Loesen wurde dankbar bestätigt, dass er „durch die Gnade Gottes dieses Hopital im Hinblick auf seine Gebäude und Einrichtungen beträchtlich ausgestaltete und verbesserte.“

Der Altar war mit einer Vikarie verbunden, die der jeweilige Rektor des Klosters Marienkamp innehatte. Eine Vikarie ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts mit Rechtspersönlichkeit. Es ist ursprünglich eine mittelalterliche Juristische Person nach kirchlichem und weltlichem Recht. Bereits seit der Reformationszeit sind es keine geistlichen Institutionen mehr.

Sinnvoller Weise hatte man den Altar in der Kapelle Marienkamp dem heiligen Martin geweiht, der einem Bettler – so berichtet die Legende – seinen halben Mantel geschenkt hatte. Auf dem Altar stand eine Holzplastik des Heiligen, der zu Pferde sitzt, während der Bettler neben ihm kniet. Als die Gasthauskirche 1611 der lutherischen Gemeinde zugesprochen wurde, kam sie aus der Kirche ins ev. Pfarrhaus, wo sie heute noch steht.

Holzplastik des heiligen Martin vom Altar der Kapelle Marienkamp

Die Holzplastik des heiligen Martin vom Altar der
Kapelle Marienkamp

In der Zeit der Auseinandersetzungen während der Reformationszeit und des Dreißigjährigen Krieges war das Kloster Marienkamp eine Enklave der Ruhe, des stillen Gebetes und der unauffälligen Arbeit. Wir dürfen annehmen, dass sich die Schwestern mit großem Eifer der alten und kranken Leute im benachbarten Hospital angenommen haben. Es lag aber im allg. Trend der Zeit, dass die Zahl der Schwestern im Laufe der Jahrzehnte ständig zurückging. 1689 zählten nur noch 16 Nonnen zum Kloster. Als die Zahl der Konventualinnen (Ordensangehörige) abnahm, wurden auch Kranke innerhalb des Klosters gepflegt.

Aber alle religiöse und menschliche Rechtschaffenheit der Schwestern konnten nicht verhindern, dass es mit dem Kloster wirtschaftlich immer weiter bergab ging. Die Zahl der Schwestern schrumpfte allmählich. Und die Geldquellen, die aus der Verpachtung von Höfen und Grundstücken flossen, brachten wegen der kriegerischen Zeiten kaum nenneswerte Beträge, wollte man die Pächter nicht durch harte Forderungen ruinieren. Am 24. November 1806 wurde das Augustinerinnen-Kloster wegen finanzieller und personeller Engpässe aufgehoben.

Die Antoniusgilde

Die Krankheiten des Mittelalters machten auch vor den Toren Dinslakens nicht halt. Und durch die Kreuzfahrer wurden Erkrankungen aus dem Morgenland zusätzlich in die westlichen Länder geschleppt. Die Mitglieder der Antoniusgilde widmeten sich in besondere Weise um die Mitbürger, die von Seuchen und ansteckenden Krankheiten befallen waren. Die Syphilis erschien in Europa gegen Ende des 15. Jh. Nach 1500 kam die Pest von Köln her an den Niederrhein.

Um 1500 wurde an der Nordseite der Vincentius-Kirche aus Kirchengeldern und Spenden ein Anbau errichtet, die Antoniuskapelle. Die Antoniusgilde stiftete hierzu am 2. Juli 1512 den Altar und stattete ihn mit einer entsprechenden Vikarie aus.

 

Am 15. November 1831 erklärte der Bäckermeister Franz Grüter und Johan Lehnhard  vor dem damaligen Kirchenmeister, dass die Antoniusbruderschaft (Antoniusgilde) sich aufgelöst habe. Sie seien nur noch die einzigen Mitglieder. Die noch vorhandenen Einkünfte stifteten beide zum Fonds der Kaplanei.

Das Melatenhaus

Gegen die anstecken Krankheiten wusste man sich damals kaum zu wehren. Man kannte noch keine Bazillen (Bakterien), erst recht keine Viren, hatte aber gemerkt, dass die Krankheiten durch Berührung oder durch Einatmung des „giftigen Dunstes“ übertragen wurden. Also mied man die Kranken so gut es ging, die so zu ausgestoßenen der Gesellschaft wurden.

Zur Unterbringung der besonders schweren Fälle bauten man weit vor den Toren der Stadt ein Haus für diese Kranken, die Maladen, das sog. Melatenhaus. Es lag vor dem Walsumer Tor, einige hundert Meter hinter den „Drei Kreuzen“ an der Einmündung der Allestraße (damals Melatenweg, die Allee, die zum Haus Bärenkamp führte) in die Duisburger Straße (damals Walsumer Straße). Die armen Kranken nutzen häufig die Gelegenheit, Vorübergehende um Almosen anzubetteln.

 

Das Melatenhaus war ein einstöckiges kleines Haus in mitten eines bepflanzten Gartens. Auf dieser „Isolierstation“ haben sich die Schwestern des Klosters Marienkamp mit großer Hingabe eingesetzt. Wir wissen von einer Schwester, die sich bei der Pflege dieser Kranken ansteckte. Sie starb 1584 im Melatenhaus.

Das Haus wurde von einem Melatenmeister verwaltet und scheint bis 1659 noch benutzt worden zu sein.

Als die Seuchen in Europa zurückgingen, bot das leerstehende Melatenhaus immer häufiger Unterschlupf für lichtscheues Gesindel. 1703 wurde dem in der Nachbarschaft auf dem Haus Bärenkamp wohnende Rentmeister Johann Ludwig von Achen der Spuk in dem baufälligen Gemäuer zu viel. Auf seinen dringenden Antrag wurde das ausgediente Melatenhaus abgerissen.

Das Seuchen-Lazarett

Erst 100 Jahre später wurde erneut der Wunsch laut, ein Haus für die Krankenpflege einzurichten. Im Einvernehmen mit dem kirchlichen Armenvorstand beschloss der Magistrat 1820 den Bau eines Armen- und Krankenhauses, da die hiesige Verwaltung „wegen der Unterbringung hier erkrankter, armer Reisender und Dienstboten usw. nicht selten in Verlegenheit war und damit auch im Falle eines Ausbruches der Cholera für ein gutes Lazarett gesorgt sei.

Aus heute nicht mehr zu klärenden Gründen wurde aber nicht mit dem Neubau begonnen.  Im Jahre 1831 trat dann ein, was viele befürchtet hatten. In der Nachbarschaft trat die Cholera auf, eine Seuche, die in Europa schon viele Opfer gefordert hatte.

Von der Kgl. Bezirksregierung erhielten die Städte, so auch Dinslaken, die Auflage, sofort Seuchenlazarette einzurichten. Man entsann sich jetzt zwar des alten Planes, doch zur Durchführung war es zu spät. Es musste eine Notlösung gefunden werden. Von dem Dinslakener Steuereinnehmer te Peerdt erwarb man das du Pain’sche Haus und baute es zu einem Seuchen-Lazarett um, das von Fall zu Fall benutzt wurde. Für einen dauerhaften Betrieb des Lazaretts als Hospital fehlte es jedoch an qualifizierten Pflegkräften.

 

1866/67 grasierte die Cholera auch in Dinslaken.  

Der Mangel an qualifizierten Pflegekräften wurde 1870 erneut deutlich spürbar, als viele Kinder an Diphterie erkrankten. Es gab keine Möglichkeit, diese Kinder abzusondern und außerhalb der Familien zu pflegen. Auch das Kind des Arztes Dr. Heinrich Potjans war darunter. Er nutzte seine guten Verbindungen nach Paderborn, und ihm war es zu verdanken, dass zwei Franziskanerinnen nach Dinslaken kamen, um die Kranken zu pflegen. Das Kind des Arztes erlag der schweren Krankheit, doch die Einwohner der Stadt hatten inzwischen die Notwendigkeit einer guten fachkundigen Krankenpflege erkannt. Und als bald darauf die Franziskanerinnen wieder abberufen wurden, drängten sie darauf, dass neue Schwestern in die Stadt geholt werden müssten.

Die ersten Clemensschwestern

Am 13. Oktober 1871 wandte sich der Pfarrer von St. Vincentius, Gerhard Matthias Crienen an das Bischöfliche Generalvikariat in Münster mit der Bitte, zwei Schwestern zur Betreuung der Kranken nach Dinslaken zu entsenden. Bereits am 22. Januar 1972 konnten die Dinslakener die beiden Schwestern Egberta Brauer und Gregoria Langenberg freudig begrüßen. Sie gehörten dem Münsteraner Orden der Clemensschwestern an. Offizielle hieß der 1808 gegründete Orden „Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern von der allerseligsten Jungfrau und schmerzhaften Mutter Maria“. Schwester Egberta widmete sich über zwei Jahrzehnte der Pflege der Kranken in Dinslaken, dann wurde sie nach Rheinberg versetzt. Gregoria kehrte bereits nach einem Jahr wieder in das Mutterhaus nach Münster zurück. Doch kamen bis heute immer wieder neue Schwestern, um in Dinslaken Kranke zu pflegen.

Die ersten Schwestern hatten allerdings noch kein Krankenhaus als festen Einsatzort. Sie gingen in die Wohnungen und waren immer zur Stelle, wo Not und Leid zu Hause waren. Kein Wunder. Dass sie schnell bekannt und in der Bevölkerung beliebt waren.

Viele Menschen – nicht nur in Dinslaken – meinten damals, sie seien „aufgeklärt“ und hatten wenig Verständnis für die selbstlose Hingabe der Schwestern zum Wohl der Nächsten. Einige meinten, dass die, die sich ohne Lohn aus reiner Nächstenliebe den Kranken widmenten, „entweder verrückt oder der Verrücktheit nahe“ seien. Das klingt wie ein Zitat aus unseren Tagen.

 

Eine dieser „Verrückten“ war Schwester Maria Euthymia, ihr ziviler Name war Emma Üffing. Sie kam am 30. Oktober 1936 nach Dinslaken kam und widmete sich 11 Jahre lang im Vinzenz-Hospital der Krankenpflege. In aufopfernder Weise gepflegt sie kranke Kinder, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.

Zunächst war sie in der Frauenstation als Hilfskranken-schwester eingesetzt bis sie 1937 den Dienst in der Isolierstation übernahm, die sich wegen der Ansteckungsgefahr in einer Holzbaracke des Krankenhauses befand. Ab 1943 wurden in dieser Baracke Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten aufgenommen, mit deren Pflege Schwester Euthymia beauftragt wurde. Sie war sehr beliebt. Die Patienten nannten sie „Engel der Liebe“. Um ihr selbstloses Wirken nicht zu vergessen hat der Dinslakener Künstler Alfred Grimm im Jahre 2001 im Innenhof des Vinzenz-Hospitals eine Gedenkstätte geschaffen.

Das Krankenhaus im Beudelshof

Die Initiative, ein Hospital einzurichten,  ging von einigen Dinslakener Bürger aus. Hauptinitiator war der Gerbereibesitzer Johann Bleckmann. Gemeinsam mit dem Brennereibesitzer Heinrich Delere, dem praktischen Arzt Dr. Romanus Schäfer, dem Kaufmann Hermann Opgen-Rhein, dem Gastwirt Johann Wienert und der Rentnerin Witwe Helene Wolbring, geb. Bleckmann, erwarb er am 19. Juli 1838 den Beudelshof für einen auch für damalige Verhältnisse Schnäppchenpreis von 6000 Mark. Hierbei handelte es sich um einen ehemaligen neben dem Voswinckelshof gelegenen Bauernhof mit zwei Scheunen. Das Vermächtnis der Eheleute Heinrich Spickenbaum in Höhe von 3000 Mark war eine wertvolle Hilfe.

Das kunstlose, aber massives Gebäude mit vielen kleinen Fenstern wurde in den darauf folgenden Monaten zu einem Krankenhaus um- und ausgebaut. Hierfür wurde die Dinslakener Bürgerschaft mobil gemacht:

„Die Herren erließen eine Aufforderung an die Frauen und Jungfrauen der Stadt behufs [bezüglich] Reinigung und Instandsetzung der Räumlichkeiten, welcher bereitwilligst entsprochen wurde. Die Bürger schickten ihre Töchter und Dienstmädchen nachmittags mehrere Stunden; und unter so fleißigen Händen ging die Arbeit schnell von statten. Mutter Helena, die Oberin [der Clemensschwestern] aus Münster, schickte Schwester Asteria den Schwestern in Dinslaken zu Hülfe. Sie weißelte emsig, um den Zimmern ein freundlichen Aussehen zu geben. Die Herren sorgten für die Handwerker, wie Maurersleute, Dachdecker und Schreiner und überwachten selbst die Arbeiten …“ Unten im Hausflur ließen sie gleich einen Opferstock anbringen mit der Inschrift „Seid barmherzig!“

Der Pfarrer von St. Vincentius, Karl Theodor Schönborn, lehnte es zwar ab, den Vorsitz im neuen Krankenhaus-Kuratorium zu übernehmen, gleichwohl warb er von der Kanzel für eine Unterstützung der Herrichtungsarbeiten.

Am 27. September 1883 wurde der  Beudelshof von Pfr. Schönborn als Hospital eingesegnet und den Ärzten und Krankenschwestern übergeben. Im Sommer 1984 wurde Vinzenz von Paul, der viele Kranken- und Waisenhäuser gegründet hatte und ein großer Wohltäter der leidenden Menschen war,  zum Patron des Hauses erwählt.

Dr. Schäfer und Dr. Potjans wetteiferten darüber, werden den ersten Kranken ins Hospital schicken würde. Am 20. Oktober 1883 wurde „zur Freude der Schwestern“ der erste Kranke aufgenommen. Im Laufe des Jahres kamen noch 14 Kranke dazu. Die Clemensschwestern nahmen Kranke aller Konfessionen auf um sie zu pflegen. In der Folgezeit wurden auch schwere Operationen ausgeführt. Und wenn Seuchen ausbrachen – Thyphus und Ruhr traten häufig auf -, dann war das neue Krankenhaus der einzige Ort, um die Kranken abzusondern. Bald waren sechs Schwestern beschäftigt, die auch die Pflege in den Familien in Walsum, Eppinghoven und Hiesfeld übernahmen.

 

Das Vinzenz-Hospital war ein Privatkrankenhaus und trug sich selbst aus eigenen Einnahmen an Pflegegeldern, großzügigen Spenden und mildtätigen Gaben. Als die Einwohnerzahl der Stadt wuchs, und damit auch die Ansprüche an das Hospital stiegen, musste das Haus erweitert und mit verbesserter Einrichtung ausgestattet werden. Damit waren die Stifter am Ende ihrer finanziellen Kraft und so übertrugen sie 1894 ihre Eigentumsrechte auf die katholische Kirchengemeinde.

Die Industrialisierung hielt der Stadt Dinslaken Einzug und die Bevölkerungszahlen nahmen rapide zu. In der Enge der Altstadt waren die Ausbaumöglichkeiten erschöpft. Pfarrer Bernhard Recker und das Kuratorium beschlossen deshalb im September 1906, am Rande der Stadt ein neues Krankenhaus zu bauen, dass den wachsenden Ansprüchen genügen sollte. Vom Bauern Vahnenbruck wurde deshalb an der Friedhofstraße ein entsprechend großes Grundstück erworben.

Dr. Schäfer und Dr. Potjans wetteiferten darüber, werden den ersten Kranken ins Hospital schicken würde. Am 20. Oktober 1883 wurde „zur Freude der Schwestern“ der erste Kranke aufgenommen. Im Laufe des Jahres kamen noch 14 Kranke dazu. Die Clemensschwestern nahmen Kranke aller Konfessionen auf um sie zu pflegen. In der Folgezeit wurden auch schwere Operationen ausgeführt. Und wenn Seuchen ausbrachen – Thyphus und Ruhr traten häufig auf -, dann war das neue Krankenhaus der einzige Ort, um die Kranken abzusondern. Bald waren sechs Schwestern beschäftigt, die auch die Pflege in den Familien in Walsum, Eppinghoven und Hiesfeld übernahmen.

Das Vinzenz-Hospital war ein Privatkrankenhaus und trug sich selbst aus eigenen Einnahmen an Pflegegeldern, großzügigen Spenden und mildtätigen Gaben. Als die Einwohnerzahl der Stadt wuchs, und damit auch die Ansprüche an das Hospital stiegen, musste das Haus erweitert und mit verbesserter Einrichtung ausgestattet werden. Damit waren die Stifter am Ende ihrer finanziellen Kraft und so übertrugen sie 1894 ihre Eigentumsrechte auf die katholische Kirchengemeinde.

Die Industrialisierung hielt der Stadt Dinslaken Einzug und die Bevölkerungszahlen nahmen rapide zu. In der Enge der Altstadt waren die Ausbaumöglichkeiten erschöpft. Pfarrer Bernhard Recker und das Kuratorium beschlossen deshalb im September 1906, am Rande der Stadt ein neues Krankenhaus zu bauen, dass den wachsenden Ansprüchen genügen sollte. Vom Bauern Vahnenbruck wurde deshalb an der Friedhofstraße (heute: Dr.-Otto-Seidel-Straße) ein entsprechend großes Grundstück erworben.

1912 konnte das neue Krankenhaus eingeweiht werden. Das alte ausgediente Hospital wurde nun unter der Obhut der Clemens-Schwestern„ eine Kinderbewahr- und Handarbeits-schule“ und nannte sich fortan „Marienhaus“. Das Marienhaus erhielt einen Kindergarten und wurde später mit Nähkursen, Exerzitien und Einkehrtagen ein soziales und geistliches Zentrum der Pfarrgemeinde St. Vincentius. 1945 wurde das Marienhaus zerstört.

Da, wo es einst stand, wurde in den 1960er Jahren das Altenheim „Haus Maria Frieden“ errichtet, das 1998 zu einer Wohnanlage umgebaut wurde.
 

 

Die ersten Diakonissen

Dem Beispiel der katholischen Kirchengemeinde folgend wird von der Evangelischen Gemeinde am 11. Juni 1889 im Voswinckelshof eine spendenfinanzierte Schwesternstation für häusliche Krankenpflege eingerichtet. Die Station wird von einer Diakonisse betreut.

Am 3. Mai 1893 wird im vorderen Raum und in einem Saal des Voswinckelhof zusätzlich eine Kleinkinderschule (= Kindergarten) eröffnet. In dieser Zeit gibt es auch erste Überlegungen zur Errichtung eines eigenen Krankenhauses.

1896 erwirbt die Gemeinde das Haus von Heinrich Grafen an der Rittergasse, in das – nach den erforderlichen Umbau- und Renovierungsmaßnahmen die Krankenpflegestation und die Kleinkinderschule umsiedeln. Ein Jahr später beschließt das Presbyterium hier zwei Betten für eine stationäre Krankenpflege einzurichten. 1905 wird die Krankenpflegestation vergrößert und zwei weitere Schwestern werden eingestellt.

 

In den Folgejahren sind die Diakonissen auch nach der Errichtung des Krankenhauses wichtige Stützen in der Krankenpflege. Wegen des allgemeinen Schwesternmangels zieht die Kaiserswerther Diakonissenanstalt am 31. Dezember 1953 ihre Schwestern aus Dinslaken zurück. Ihre Nachfolge treten Rot-Kreuz-Schwestern aus Krefeld an. Für sie baut man auf der Ostseite der Kreuzstraße ein Schwesternhaus, das im Oktober 1956 bezogen werden kann; ein dreigeschossiger Bau mit Wohnräumen für 50 Schwestern. Um den Nachwuchs auszubilden, nimmt gleichzeitig eine Schwesternschule ihren Betrieb auf.

Der Stadtrat entscheidet sich gegen ein städt. Hospital

Durch den Beschluss des Kuratoriums des Vinzenz-Hospitals über die Errichtung eines Krankenhaus-Neubaus am Rande der Stadt, sah die evangelische Gemeinde ihre eigenen Pläne gefährdet. Anfang 1907 richtete sie deshalb einen Antrag an die Stadt Dinslaken zur Errichtung eines städtischen-überkonfessionellen Krankenhauses. In seiner Sitzung am 7. März 1907 beschloss der Rat, ein Krankenhaus für alle Konfessionen zu errichten.

Doch nach dem spontan gefassten Beschluss kam den Verantwortlichen bei der Berechnung der Bau- und Folgekosten erhebliche Bedenken. Und am 14. Mai 1907 klingt es kleinlaut aus dem Protokoll der Stadtverordnetenversammlung:

 

„Unter Aufhebung des Beschlusses vom 7. März beschließt die Versammlung, von der Errichtung eines städtischen Krankenhauses abzusehen und in den Etat von 1908 an einen jährlichen Zuschuss zur Krankenpflege von 10 000 Mark einzusetzen, der nach dem Verhältnis des Staatseinkommensteuersolls auf die christlichen Konfessionen verteilt werden soll“. Das war für die Stadt billiger.

Evangelische und katholische Gemeinde verfolgten daraufhin ihre Pläne zur Errichtung eigener Hospitäler weiter.

Der Neubau des St. Vinzenz-Hospitals

Das Krankenhaus in dem umgebauten und mehrfach erweiterten ehemaligen Beudelshof genügte nicht mehr den qualitativ und quantitativ gestiegenen Anforderung. Die räumliche Enge innerhalb der Stadtmauern der Altstadt ließen keine angemessene Erweiterung zu. Deshalb entschied sich das Kuratorium im Jahre 1906 für die Errichtung eines Neubaus an der Friedhofstraße (heute: Dr.-Otto-Seidel-Straße). 1909 erfolgte die Beauftragung des Architekten Merl aus Wesel und am 19. Juni 1910, nachdem die Bauarbeiten schon weit fortgeschritten waren, erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. 1912 konnte das neue Hospital eingeweiht werden. Das Haus bedeutete für die damalige Zeit einen bedeutenden Fortschritt, da außer den Krankenzimmern auch die erforderlichen klinischen Anlagen wie ein Operationssaal, Bäder usw. errichtet worden waren. Im Hauptgebäude konnten jetzt 73 Kranke und auf der Isolierstation 12 Patienten aufgenommen werden.

Erster Chefarzt war Dr. Friedrich Fraune. Ihm folgte 1936 Dr. Otto Seidel, der bis zu seinem Tode im Jahre 1968 den kranken Menschen ein unermüdlicher Arzt und Helfer war.

 

1945 wurde das Hospital fast ganz zerstört. Unter erheblichen Mühen erfolgte nach dem Krieg der Wiederaufbau. 1956 wurde man ermutigt, das Haus nach Westen großzügig zu erweitern und den Clemensschwestern in einem eigenen Haus freundliche und gesunde Wohnungen zu schaffen. Der Neubau konnte am 29. Juni 1969 seiner Bestimmung übergeben werden. In dem Bemühen ein modernes Stadtkrankenhaus zu bleiben wurden bis in die jüngste Zeit hinein immer wieder Umbau- und Erweiterungsarbeiten durchgeführt und auch die Ausstattung dem Stand der Technik kontinuierlich angepasst. Das Haus bietet Platz für mehr als 400 Patienten.

Das evangelische Krankenhaus

Nachdem der Stadtrat 1907 die Errichtung eines städtischen-überkonfessionellen Krankenhauses abgelehnt hat, nimmt die evangelische Gemeinde ihre ursprüngliche Planung zur Errichtung eines gemeindeeigenen Hospitals wieder auf.

Durch Grundstückstausch und mehrere Grundstücksumlegungen wird an der Walsumer Straße (heute: Konrad-Adenauer-Straße) ein entsprechend großes Baugrundstück für das geplante Krankenhaus geschaffen. Im Dezember 1907 legt der Dinslakener Architekt Kremer erste Skizzen für den Hospitalsbau vor. Mit der endgültigen Planung wird der Architekt Schutte aus Barmen beauftragt. Am 11. Juni 1911 erfolgt die feierliche Grundsteinlegung. Ein Jahr später, am 10. November 1912 kann das neue Krankenhaus bereits eingeweiht werden.

Jetzt hat Dinslaken ein katholisches und evangelisches Krankenhaus. Beide Häuser erweisen sich aber vor dem Hintergrund der rapide wachsenden Bevölkerungszahlen schon im Eröffnungsjahr als zu klein. Das merkt man sehr drastisch im ersten Weltkrieg 1914/18. Das evangelische Haus bietet als Reservelazarett verwundeten und kranken Soldaten ärztliche Versorgung und Pflege. Fast ständig sind hier rund 40 (1915 sogar 80) Soldaten untergebracht. Das Personal ist vollkommen überfordert. Freiwillige Helferinnen aus der Gemeinde unterstützten die Schwestern.

 

Nach dem Krieg wird der Mangel an Krankenbetten immer stärker spürbar. 1925 wird in einer Baracke hinter dem Krankenhaus eine Isolierstation mit 30 Betten eingerichtet. 1929/30 wird ein großer neuer Flügel angebaut, do dass sich die Zahl der Krankenbetten auf 185 erhöht.

Den zweiten Weltkrieg übersteht das Haus ohne wesentliche Beschädigungen. Doch ist es mit bis zu 300 Patienten ständig überbelegt. 1950 wird neben dem Krankenhaus ein Altenheim für 80 Bewohner errichtet. 1956 wird ein weiterer Flügel angebaut, der Raum für weitere 90 Patienten schafft.

1962 gelangen die Verantwortlichen zu der Einsicht, dass eine Renovierung des Altbaus nicht mehr vertretbar sei. 1965 wird er deshalb abgerissen. Der Ersatzbau kann am 30- Oktober feierlich eingeweiht werden. Das Haus bietet nun Platz für 420 Patienten.