Dinslakener Geschichte:
Von Jägern, Hunden und Fürstenbesuch auf der Burg Dinslaken Anno 1495/96

 

Übersicht Geschichte

 
In den Nachmittagsstunden des Freitags nach St. Mauritius-Tag (25. September) 1495 erklang vorn Neutor her Hörnerschall und Hundegeblaff. Die klevischen Jäger kamen aus dem Lande von der Mark nach Dinslaken, um in der Umgegend zu jagen. Voran, hoch zu Roß, der Jägermeister Maes, ihm folgend zu Fuß vier Jäger, jeder eine Koppel Hunde an der Leine führend. Der Zug führte durch die Mittelpforte in den "Hondspoot" (damals eine schmale, links und rechts von Gärten eingesäumte Gasse, heute Rittergasse) zu einem kleinen Gebäude, das mit einer Seite seines Hofraums an den Burgwall stieß. Das war der "Hondsstall", der nun für einige Zeit seine alten "Einwohner" wieder aufnahm. Und die Jungen der Stadt standen am Gatter und debattierten darüber, welches wohl der beste Jagdhund sei. Die einen rieten auf die Bracken (Spürhunde), die anderen auf die Windhunde. Unterdessen war Jägermeister Maes durch die Posternkespforte (heute Rittertor) über die Brücke in den Burghof geritten, dem derzeitigen Rentmeister Jakob v. d. Kapellen seine Ankunft zu melden und seine Wünsche betr. Verpflegung der Meute vorzubringen. Und nun schallen dessen Befehle über den Burghof. Sofort werden etliche Zentner Minderkorn zur Stadtmühle am Marktplatz gebracht und gemahlen. Der Bäcker eilt zum Backhaus im Burghof, den Ofen anzuheizen, denn wenn das Mehl von der Mühle kommt, müssen bis gegen Abend 5 Spint davon zu Brot für die Hunde gebacken sein. Ein Knecht erhält Anweisung, den Jägern Stroh für das Hundelager auszugeben.

Bei Morgengrauen zogen die Jäger zur Schröderpforte (Eppinghover Tor) hinaus ins große Bruch von Dinslaken-Möllen-Voerde, dort Hasen und Kaninchen zu hetzen. An anderen Tagen ging der Zug zum Lohberg oder ins Eppinghover Feld. Überall gehörte ja die Jagd "dem gnädigen Herrn"!

Am St. Lukas-Tag (27. Oktober) geht auf dem großen Turm der Burg das klevische Lilienbanner hoch. Das meldet die Ankunft des hochgeborenen Fürsten und Landesherrn Johann II., Herzog von Kleve und Graf von der Mark. Es Sonntag ist und alle Geschäfte und Hantierungen ruhen. Die Sonne rüstet sich bereits zum Untergang, als der Herzog mit seinem Gefolge einreitet, und die schaulustigen Landeskinder ihrem "gnädiggeliebten" Landesherrn "aus vroliken Herten eerliken wilkom" bieten können. Er wurde auf dem Wege von Schloss Büderich nach Dinslaken durch Erkrankung eines seiner Pferde aufgehalten, und die Sorge für dessen Unterkunft und Verpflegung in Wesel hatte viel Zeit in Anspruch genommen.

Nun ist der hohe Gast auf der Burg, die Zugbrücke hochgezogen, das Burgtor geschlossen. Das Stehen und Warten hat durstig gemacht. Wer Geld im Beutel hat, lenkt schon seinen Schritt zum Weinhaus, wo Andreas Hartmann einen guten Tropfen bereit hält. Vielleicht kommt der Herzog, wenn er sich von seinem Ritt erholt hat, auch noch hierhin, wie er's schon manchmal getan hat. Vielleicht hört man auch sonst noch etwas Neues. Es gibt ja immer Leute, die mehr wissen als andere. Und man erfährt, dass am vergangenen Freitag der Kämmerling Kolyn "to Wagen mit des Herrn Kammergewart" (Ausstattung fürs Schlafzimmer) dagewesen und gestern nach Essen weitergezogen ist, wohin der Herzog zu reisen gedenkt. Ein Glück für den Rentmeister, dass auch der herzogliche Futtermeister schon vorher eintraf, sonst wäre er wahrscheinlich in große Verlegenheit geraten. Denn als er erfuhr, wieviel Pferde in den nächsten Tagen zu verpflegen waren und daraufhin den Hafervorrat überprüfte, stellte sich heraus, dass der nicht ausreichen würde. Und darum war der Evert in der Heggen, der ja den Drusch des gesamten in der Zehntscheune auf der Burg eingelagerten Getreides übernommen, zu Samstag früh morgens zur Burg bestellt worden, seines Amtes zu walten.

Montagmorgen setzte der Herzog seine Reise nach Essen fort. Die Rückkunft erfolgte am Samstag derselben Woche. Diesmal war den ehrbaren Bürgern von Dinslaken auch die Freude beschieden, dem vielgeliebten Landesherrn im Weinhaus ihre Reverenz erweisen zu können, denn er fand sich dort zu fröhlichem Umtrunk ein. Am nächsten Morgen wurde das Lilienbanner eingezogen. Es herrschte wieder Ruhe und Stille in Burg und Hof.

Die letzte Nachricht von dem "Hondstall" im "Hondspoot" lautet: Ein Häuschen vorm Kastell zu Dinslaken, welches ehedem als Hundestall gebraucht, ist laut Reskript vom 16. April 1748 für 40 Rthlr. verkauft.

Vgl. Walter Neuse in Heimatkalender Kreis Dinslaken 1951

 
 
um 1940