Dinslakener Geschichte: Das Kaiser-Wilhem-I.-Denkmal von 1890
 

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Früher pflegten die dankbaren Untertanen ihrem Fürsten ein Denkmal zu setzen. Hatten sie viel Geld, dann setzten sie ihn auf ein gallopierendes Pferd aus Bronze, war der Etat bescheidener, dann stand er als Fußgänger auf seinem Sockel. Zur Not reichte es auch für eine Büste, bei der, außer dem Kopf, noch die mit Orden geschmückte Brust zu sehen war. Bei den Dinslakenern reichte es, 19 Jahre nach dem gewonnen Krieg gegen die Franzosen, zu einem Denkmal mit dem stehenden Kaiser. Achtzehnmal hatte man den Sedanstag gefeiert mit Schulfrei, Kaiserhoch und Ordensverleihung, Festessen der Honoratioren und anderem schwarzweißrotem Brauchtum, ohne ein Denkmal für "Wilhelm, dem Siegreichen'' zu haben. 1890 ging sie zu Ende, die denkmallose Zeit.

Das Monument wurde vom Bürgerschützen-Verein errichtet, um "einen besonderen Beweis seines patriotischen Sinnes" zu erbringen. Die Idee hatte der damalige Schützenoberst H. Delere. Das nötige Geld besorgte man sich durch Geldspenden und eine Lotterie. "Von dem Plane wurde Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. in geziemender Weise benachrichtigt", schrieb Kaplan Juergens in seiner Schützenchronik. Der Vorstand verfasste einen Brief, der so begann: "Allerdurchlauchtigster, großmächtigster Kaiser und König! Allergnädigster Kaiser, König und Herr! Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät naht sich der unterzeichnete Bürger-Schützen-Verein zu Dinslaken, vertreten durch den Vorstand, mit der untertänigsten Bitte, allerhöchstdieselben mögen in Gnaden geruhen, das überreichte Album mit Denkschrift zu der am 10. August 1890 stattfindenden feierlichen Enthüllung des Denkmals für den hochseligen Kaiser und König Wilhelm I., als Beweis der Liebe und Verehrung entgegenzunehmen ... und einer geneigten Durchsicht zu würdigen ..." Unterschrieben hatten H. Delere, P. Latz, G. Barfurth, H. Wilmsen, W. Dölken, L. Maas, W. Terbrüggen und H. Trenthammer.

S. M. ließ durch einen Geheimen Cabinetts-Rat mitteilen, dass er "mit Wohlgefallen zu ersehen geruhte", was die Dinslakener vorhatten. Außerdem ließ die Majestät "Allerhöchst ihre Anerkennung" ausdrücken und für das Album Allerhöchsten besten Dank" aussprechen. Nachdem so das Allerhöchste Wohlwollen dem Projekt gespendet war, stieg die Enthüllungsfeier am 10. August 1890.

Zunächst zog ein Festzug, "wie Dinslaken einen solchen in seinen Mauern noch nie gesehen hat", durch die festlich geschmückten Straßen. Hinter der Kapelle des 56. Infanterie Regiments (ihr Chef war

der Königl. Musikdirigent Herr Grune) zum verhüllten Denkmal, "wo sich", so schrieb der Chronist, "bereits die Behörden, die Herren Geistlichen etc. sowie auch die Herren Lehrer mit sämtlichen Schulkindern der Stadt und Feldmark versammelt hatten. Herr Bürgermeister Berns hielt die Weiherede, in welcher der Redner ein ruhmreiches Bild von schönen und erhabenen Taten des großen in Gott ruhenden Heldenkaisers entrollte". Tusch, Hurra, "Heil Dir im Siegerkranz". Dann fiel die Hülle. Wilhelm stand in Lebensgröße, mit mächtigem Backenbart, den Hermelinmantel über die rechte Schulte zurückgeschlagen, damit man auch den Feldherrnstab sehen konnte, den Blick geradeaus gerichtet, ein richtiger Bilderbuch-Monarch. Der Bildhauer Peters in Steele hatte ihn geschaffen, zwar nicht in Bronze, aber immerhin aus Ruhrsandstein.

Später wurde erzählt, der auf dem Denkmal wäre nicht Kaiser Wilhelm, sondern Kaiser Franz-Josef von Österreich gewesen. Der Bildhauer habe den Dinslakenern den Österreicher, den er in unserer Gegend nicht verkaufen konnte, erheblich billiger gelassen. Da sich beide Monarchen im Äußeren sehr ähnlich sahen, hätten die Dinslakener nichts gemerkt. Ob die Geschichte stimmt oder nur üble Verleumdung ist, lässt sich heute nicht mehr beweisen.

Bei der Einweihung jedenfalls wurde feierlich bekundet, "dass die Bürger der Stadt durch die Errichtung des Denkmals für die fernsten Zeiten den Beweis erbracht haben, dass Dinslakens Einwohner, ebenso wie in der Vergangenheit die Väter, nicht zurückstehen, wenn es gilt, seinen Fürsten in treuer Liebe zu ehren".

Wilhelm stand hinter einem quadratischen Gitterzaun, um das Monument vor Entweihung durch Kinder, Zecher und Hunde zu schützen, zwischen der katholischen Kirche und der Gaststätte Holtbrügge.

In den Dreißiger Jahren wurde das Denkmal in die Grünanlage des alten Friedhofs an der Hiesfelder Straße (heute: Karl-Heinz-Klingen-Straße) versetzt. Hier kam es 1945 unter amerikanische Bomben und wurde zerstört. Mit dem Kopf Wilhelms "des Siegreichen" haben die Kinder der Friedrichstraße noch eine Weile gespielt. Schließlich haben sie das schwere Sandsteinhaupt "feierlich beerdigt".